Die folgenden Kriterien beziehen sich ausschließlich auf ein 1:1 Business Coaching. Sie folgen keiner Priorisierung, sondern sind vielmehr als gleichwertig und damit als gleich gültig einzuschätzen. Zugegeben – da steckt viel Subjektivität drin, aber als jemand, der seit rund 15 Jahren in diesem Business als diplomierter Systemischer Coach unterwegs ist, erlaube ich mir, meine Gedanken und Empfehlungen einzubringen.
Grundvoraussetzung für gutes Coaching ist eine systemische oder eine vergleichbar fundierte Ausbildung, die einen konstruktivistisch-humanistischen Ansatz verfolgt. Was ist damit gemeint? Der Coach sollte zutiefst davon überzeugt sein, dass der Mensch über alle Ressourcen verfügt, die er benötigt, um sein Leben zu meistern. Er braucht mit dem Business Coach einfach nur jemanden, der ihm hilft, diese Ressourcen zu heben und sich selbst die richtigen Fragen zu stellen.
Ein weiteres Gütekriterium kann die Verbandszugehörigkeit sein, aber sie ist nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, ob das Coaching-Ausbildungsinstitut mit einem Verband assoziiert ist. Darüber hinaus kann ruhig erfragt werden, ob der Coach sich selbst einer Supervision unterzieht. Das sichert die Qualität und verrät, dass der Coach seine Arbeit und die Bedürfnisse seiner Coachees ernst nimmt.
Unerlässlich scheint es mir zudem, dass der Coach in mehreren personaldiagnostischen Instrumenten zertifiziert ist. Das garantiert einen schnellen Einstieg in eine fokussierte, zielgerichtete Reflexion als Basis für die gemeinsame Arbeit.
Um ein paar relevante Instrumente zu nennen: Mit dem Modell der „9 Levels of Value Systems“ kann man wunderbar die individuelle Wertestruktur eines Klienten abbilden. Das „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung“ (BIP) ist ein psychologisches Testverfahren, das Persönlichkeitsmerkmale systematisch erfasst – aufgeschlüsselt nach
Sowohl das „Reiss Motivation Profile“ als auch das „LUXX Profile“ – sie gelten als nahezu identisch – sind wissenschaftlich fundierte Persönlichkeitstools, die auf den Erkenntnissen der Motivationspsychologie beruhen. Ihnen liegen jeweils 16 Motive menschlicher Persönlichkeit zugrunde, die unsere Bedürfnisse und unsere intrinsische Motivation, unser Streben nach Sinn, unser Verhalten und unsere Prioritäten steuern und prägen.
Kurzum: Mit solchen diagnostischen Tools lässt sich entlang der ‚gemessenen‘ Persönlichkeitsstruktur klientenzentriert und -konform besonders effizient und strukturiert am Thema und Kontext, an Herausforderung und Zielsetzung des Coachings arbeiten. Coachees dürfen erwarten, dass ihr Coach über ein diversifiziertes Instrumentenportfolio verfügt und transparent darlegen kann, mit welchen Tools er agieren möchte.
Ein konkretes Beispiel mag dies verdeutlichen: Angenommen, eine Führungskraft, die ein hohes Bedürfnis nach Autonomie sowie nach Macht und Kontrolle hat, wird vor die Aufgabe gestellt, eine Organisation in eine agile Organisationsstruktur zu überführen. Sie wird aufgrund ihrer eigenen Prioritäten dies als eine enorme Herausforderung empfinden. Sie wird aber nicht unbedingt wissen, woher ihr Unbehagen, ihre Unsicherheit rührt. Hat der Coach vorher mit ihr personaldiagnostisch gearbeitet, lässt sich ihre individuelle Herausforderung belegen und eindeutig identifizieren. Man kann sie somit vor allem besprechbar machen und gelangt viel schneller zu Lösungen:
Anders formuliert: Jedes Instrument adressiert in der Persönlichkeit des Menschen unterschiedliche Ebenen. Wenn ich zusätzlich wissen will, welche Kernfähigkeiten, welche Verhaltenspräferenzen der Klient hat, dann lässt sich „MBTI“ oder „Insights Discovery“ oder das soeben beschriebene „BIP“ einsetzen. Möchte ich mehr über die Wertestruktur wissen, bietet sich das bereits erwähnte „9 Levels of Value Systems“ an; und wenn ich mehr über seine (Leistungs-)Treiber erfahren will, dann ist das „Reiss Motivation Profile“ angesagt. Oder – um mich einer Analogie zu bedienen: Manchmal reicht eine Röntgenaufnahme, manches Mal braucht es hingegen ein MRT oder ein CT, und ein anderes Mal genügt es völlig, einfach die Hand aufzulegen und zu fühlen.
Zur soliden Arbeit eines Coaches gehört aus meiner Sicht auch eine gehörige Portion Lebenserfahrung. Dazu muss man nicht 50 Jahre alt oder älter sein, aber es ist extrem zielführend, wenn der Coach aus ausgeprägten Berufs- und Lebensressourcen schöpfen kann. So ist es durchaus kohärent, dass im professionellen Business Coaching selten Menschen anzutreffen sind, die jünger sind als 40 Jahre. Hingegen braucht man als Coach nicht dieselbe Fachkompetenz wie beim Mentoring, aber eine Leitungs- und Moderationskompetenz, eigene Führungserfahrung und Branchenkenntnisse sind für die Zusammenarbeit mit dem Coachee von unschätzbarem Wert.
Neben diesen fachübergreifenden Kompetenzen spielt der unternehmerische Hintergrund des Coaches eine wichtige Rolle:
Klaus Engels ist Berater, Trainer und Coach für Menschen und Organisationen mit komplexen Veränderungsanliegen. Zu seinen Mandanten gehören Konzerne (IT, Automotive, Energy) und mittelständische Unternehmen (IT, Services, Telekommunikation, Handel).
Wie läuft das Prozedere ab, bis ein professionelles 1:1 Business Coaching überhaupt beginnt? Unter welchen Voraussetzungen erkenne ich, dass profund gearbeitet werden wird? Im beruflichen Kontext gibt es zwei Szenarien, sich gegenseitig kennenzulernen: Entweder nimmt der potentielle Coachee direkt Kontakt auf oder der Human-Resources-Verantwortliche empfiehlt dem Coachingsuchenden einen Coach.
Im kostenfreien Erstgespräch werden im ersten Fall zu zweit, im zweiten Fall im Trialog – manches Mal auch im Quadrolog zusammen mit dem Personalverantwortlichen der Organisation – die groben Rahmen- und Eckdaten, die Rollen, der Anlass, die Fragestellungen und auch Zielvorstellungen besprochen. Stundensatz und Angebotsmodalitäten liegen vor.
Sollte sich der Coachee für den Coach und den gemeinsamen Weg entscheiden, wird der Auftrag erteilt. Erst danach erfolgt die sogenannte Auftragsklärung. Und spätestens zu diesem Zeitpunkt erkennt man den Profi: Die dezidierte Auftragsklärung braucht Zeit. Das ist keine Sache von fünf Minuten, sondern sie nimmt durchaus bis zu einer Stunde in Anspruch, um in der Tiefe zu erfassen, was der Coachee braucht und sich wünscht. Zudem sollte der Coach in der Lage sein, den konkreten Verlauf und den Nutzen transparent, strukturiert und nachvollziehbar darzustellen. Nicht zuletzt zeigt sich in der Auftragsklärung ein ausschlaggebendes Merkmal: Coaching ist ein verbindlich unverbindlicher Prozess. Das heißt, es darf niemals eine Abnahmeverpflichtung geben!
In der Coachingarbeit geht es zu 90 Prozent um Entwicklungsthemen des Klienten. In der Regel benötigt es hierfür mindestens zwei Monate, idealtypisch drei bis sechs Monate. Häufig sind es also zehn bis 16 Coachingstunden, die veranschlagt werden. Das sind umgerechnet 1,25 bis zwei Personentage. Aber die Zusammenarbeit kann sich auch im Laufe des Prozesses völlig anders darstellen: Durchaus möglich, dass der Coachee nach zwei Stunden sagt: „Ich habe alles, was ich brauche; ich fühle mich gut gerüstet. Lassen Sie uns hier aufhören.“ Das ist das zentrale Gütekriterium eines professionellen Coaches im Unterschied zu unlauteren Vertretern dieses Berufszweiges: Er pocht nicht auf sein vorher avisiertes Stundenkontingent, sondern entlässt den Coachee selbstverständlich aus dem Auftrag. Coaching basiert auf unbedingter Freiwilligkeit – diese grundsätzliche Haltung sollte jedem, der in diesem Kontext unterwegs ist, mehr als klar sein.
So ist es extrem hilfreich, dass sich auch der Coach definitiv frei fühlt, eine Kooperation jederzeit beenden zu können. Und das gelingt ihm nur – und dafür sollte er unbedingt sorgen – über ein Mindestmaß an Unabhängigkeit. Sie spiegelt sich in erster Linie in der Verantwortung und damit in der Freiheit, dass der Coach mitunter Angebote ablehnen darf und kann. Und dies auch wirklich tut, wenn er merkt, dass beispielsweise
Denn eines darf nicht außer Acht gelassen werden: Coaching kann schon einmal von emotionalen Schmerzen begleitet sein, weil sich der Coachee in der Tiefe mit sich selbst auseinandersetzen muss. Kurzum: Zum souveränen Selbstverständnis eines vertrauenswürdigen Coaches gehört es genau zu prüfen, ob er davon überzeugt ist, dass seine Intervention sinnvoll ist, die gewünschte Wirkung sich entfalten und die Zielstellung des Coachees erreicht werden kann.
Das mag auf den ersten Blick betriebswirtschaftlich fragwürdig erscheinen, ist es aber nicht: Würde ich als Coach einen Auftrag annehmen, von dem ich ahne, dass ich dem Coachee nicht die Hilfe anbieten kann, die er verdient, legte ich mir selbst ein faules Ei und schädigte mein Empfehlungsmarketing. Schließlich kann jeder, der auf der Suche nach einem Business Coach ist, jederzeit nach Referenzen fragen – und HR- oder Personalverantwortliche wissen um verantwortungsvolle Coaches, die Coachingaufträge aus guten Gründen auch einmal abgelehnt haben oder – im positiven Falle – Coachings erfolgreich in kürzerer als der veranschlagten Zeit abschließen konnten.
Schließlich braucht es neben ausgeprägter kommunikativer Kompetenz und dem Willen/der Achtsamkeit, gut zuzuhören, ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz und Empathiefähigkeit – nach dem Motto: Bin ich als Coach in der Lage, mich in die Schuhe des Anderen zu stellen? Nicht nur, um mir vorzustellen, was er denkt, vor welchen Risiken er steht, welche Chancen er hat, sondern auch um spüren zu können, was er fühlt. Das bedeutet durchaus das Leiden des Coachees nachempfinden zu können – im Sinne von Mitgefühl, nicht aber von Mitleid. So bewahrt er stets die professionelle Distanz zur Problemstellung, um wirklich zurücktreten und den Coachee auf seinem eigenen Weg begleiten können. Dazu gehört übrigens auch folgende Faustregel: Ich werde dir keine ungefragten Ratschläge geben!
Redaktionelle Unterstützung: Bettina Dornberg & Christoph Berdi (die „Identitätsstifter“)